Was bedeutet Luxus für mich?

Es gab eine Zeit, in der Luxus für mich eng mit Konsum verbunden war. Ich habe mir ne Menge Klamotten gekauft, viele Turnschuhe und andere tolle Dinge – wie zum Beispiel die neueste Technik und Gadgets aller Art.

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Auch Autos habe ich in meinem Leben überdurchschnittlich oft gekauft. Rückblickend ein sehr dummes Verhalten, das mich über die Jahre viel von meinem gesparten Geld gekostet hat. Hat mir übrigens nichts gebracht. Nur weil ich ein sportliches oder großes Auto fuhr, fand mich niemand netter oder interessanter. Dasselbe gilt übrigens auch für Designerklamotten und andere Statussymbole, die man zu brauchen glaubt.

Rolex Submariner Chrono24
Einem aktiven Konsumverhalten stehe ich übrigens nach wie vor offen gegenüber. Es ist ja nicht so, dass ich plötzlich aufgehört habe, schöne Dinge schön zu finden oder Kleidung nicht mehr zu tragen, die ich bis vor kurzem noch gerne in meinem Kleiderschrank hatte. Ich habe nur die Schlagzahl reduziert und kaufe seit gut zwei Jahren die meisten meiner – oft teuren – Kleidungsstücke im Sale oder Second-Hand. Jacken, die den härtesten Wetterbedingungen standhalten, kann man auch nach 1-3 Jahren von einem seriösen Vorbesitzer in einwandfreiem Zustand übernehmen – und dabei 50% und mehr auf den Neupreis sparen.

Nicht alles muss neu sein, um gut zu sein.

Mit zunehmendem Alter hat sich mein Luxusverständnis gewandelt. Ich schätze eine gute Zeit heute viel mehr als früher. Das habe ich gemerkt, als ich während der Corona-Pandemie Videos aus alten Tagen digitalisiert und auf YouTube hochgeladen habe. Gute Zeiten, besondere Momente, gemeinsame Erlebnisse mit wichtigen oder lieben Menschen. Das ist etwas, woran ich heute noch gerne zurückdenke und was mich stolz macht – dabei gewesen zu sein und die Chance gehabt zu haben.

Mit meinem verstorbenen Vater habe ich auch oft solche Momente erlebt, an die ich mich heute noch gut erinnere. Wir haben das eine oder andere Mal sogar über Sinn und Unsinn von Statussymbolen diskutiert, z.B. welche Uhren uns begeistern oder welche Automodelle. Mein Vater war Steuerberater und hätte sich jederzeit seine Traumuhr, eine klassische Rolex Submariner, kaufen können. Er blieb aber viele Jahre bei der Omega, die er sich von seinem ersten verdienten Geld leisten konnte. Ein schönes Modell aus der „Constellation“-Serie. Nicht unglaublich teuer, aber optisch sehr ansprechend. Er fühlte sich dieser Uhr immer verbunden. Sie erinnerte ihn daran, woher er kam und unter welchen Bedingungen er im Krieg den Grundstein für seine spätere Karriere legen musste.

Irgendwie bedeutete Luxus für ihn, jederzeit zu können – wenn er wollte. Aber er wollte nie.

So ähnlich sehe ich das heute. Für mich gibt es derzeit keine schönere Uhr als die bereits erwähnte Rolex Submariner. Das alte Modell. Genau die, die mein Vater gekauft hätte – vielleicht auch, weil er sie gerne gekauft hätte – aber nie gekauft hat. Wie er habe auch ich mir vor Jahren von meinem ersten verdienten Geld eine Uhr gekauft, eine Sinn 240. Ein zeitloser Klassiker der Frankfurter Uhrenmanufaktur, gegen den selbst eine seltene Seiko “Black Ninja” Turtle oder eine moderne Apple Watch Ultra keine Chance hatten. Am Ende war es immer diese erste Uhr, die ich am Arm trug. Klingt ein bisschen nach der Loyalität, von der ich im Zusammenhang mit meinem Vater gesprochen habe. Oder?

Am Ende bleibt Luxus für mich etwas, das man (eigentlich) nicht kaufen kann. Nämlich Gesundheit und Zeit. Zeit mit Menschen, die es wert sind, gemeinsame Erinnerungen zu schaffen. Aber auch die Chance, dass ich seit über 20 Jahren diesen Job so machen kann und darf, ist eine Form von Luxus für mich.


Foto: Patrick Langwallner auf
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